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27. Juli 2010

Fabia als Wolf im Schafspelz

MAINZ. Dieses Auto ist unpassend. Ausgerechnet in Zeiten ausufernder Tempo-30-Zonen, wachsender Staus und steigender Benzinpreise präsentiert Skoda mit dem Fabia RS die Sportversion seines Brot-und-Butter-Kleinwagens. Das ist unfair, denn auf einmal fällt auf, wie viele Verbote und Gebote heute die Fortbewegung auf vier Rädern einschränken. Ganz einfach, weil der Fabia RS mühelos sagenhaft schnell fährt, und dabei auch noch richtig Spaß macht. Das Vergnügen hat noch nicht mal allzuviele Haken.

Äußerlich unauffällig wie der Wolf im Schafspelz bietet die schnellste und mit 21 890 Euro auch teuerste aller Fabia-Limousinen den gleichen Nutzwert wie seine schwächeren Brüder zum halben Preis: Viel Platz für vier Menschen und ihr Gepäck. Wem das als Ausrede noch nicht reicht, kann die Kombivariante für 22 490 Euro kaufen, und sich damit einen familientauglichen Sportwagen gönnen.

Allerdings sollten die Kinder lieber zu Hause bleiben, wenn Mami oder Vati das Gaspedal durchdrücken. Denn sonst wird den kleinen Herrschaften hinten beim Beschleunigen ganz sicher übel. Angetrieben von einem der technisch feinsten Motoren, den der Volkswagen-Konzern zu bieten hat, stürmt der Fabia RS - gezogen von satten 180 Pferdestärken (132 kW) - in atemberaubenden 7,3 Sekunden von Null auf 100 Stundenkilometer. Dass der Vierzylinder-Benziner diese Kraft aus gerade mal 1,4 Litern Hubraum unter dem druckvollen Einsatz von Kompressor plus Turbolader herausholt, ist eine technische Zauberei, die vornehm serviert wird.

Der Benzinverbrauch bleibt nach Werksangaben mit Werten um die sechs Liter auf 100 Kilometer zurückhaltend, die Manieren des Motors sind es ebenfalls. Das Triebwerk läuft sanft und ruhig wie eine Turbine, dazu passend überzeugt das serienmäßige Doppelkuppelungs-Getriebe.

Seine sieben Gänge schüttelt dieses Getriebe entweder automatisch oder per Handschaltung ruckfrei aus den Zahnrädern, und zwar Zack-Zack und ohne Kraftunterbrechung.

Dazu kommt ein der Leistung angepasstes Fahrwerk, vollgestopft mit allen elektronischen Heinzelmännchen. Der RS liegt selbst dann noch wie ein Brett, wenn er schon um die Ecke fliegt. Dennoch ist der Wagen keinesfalls unkomfortabel gefedert. Die Mischung kann süchtig machen, was nicht ungefährlich ist.

Weil jederfrau oder jedermann mit dem Fabia RS ziemlich zügig unterwegs sein kann, müssten als Risiken und Nebenwirkungen des tschechischen Automobils ein schnell wachsender Punktestand in Flensburg sowie in Einzelfällen der Verlust des Führerscheins im Beipackzettel stehen. Erfreulicher scheint es, die Liste der üppigen Serienausstattung zu lesen, wenn darin nicht einige Kröten versteckt wären.

Ausgerechnet den teuersten Fabia gibt's nur mit weißer Lackierung ohne Aufpreis - die günstigeren Modelle auch noch in Blau. Elektrische Fensterheber hinten kosten ebenfalls 190 Euro extra, und im Kombi hält Skoda für so nützliche Kleinigkeiten wie Gepäcktrennwand (165 Euro) oder variablen Ladeboden (150 Euro) nochmals die Hand auf. Immerhin ist ansonsten von der Klimaanlage bis zur gut klingenden Stereoanlage fast alles an Bord. Angesichts der herausgehobenen Preis-Stellung hätten sich die Innenarchitekten aber auch für hochwertigere Materialien entscheiden können.

Bei einem über 20 000 Euro teuren Wagen wirkt das schwarze Hartplastik der Türverkleidungen einfach zu billig, ebenso der Teppich im Kofferraum. Auch so mancher scharfe Kunststoffgrat zeigt, dass die Wurzeln des Sportmodells in deutlich niedrigeren Preisregionen liegen, wo das alles voll in Ordnung wäre. Nebenbei bemerkt, gibt's das Interieur des Fabia RS nur in Schwarz, immerhin bringen die Sitzbezüge in »Tempo-Rot« der ausgezeichneten Sportsitze etwas Farbe in die Tristesse.

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