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5. November 2011

Valencia ist mehr als gedacht

VALENCIA. Warum eigentlich nach Valencia? Weil die drittgrößte Stadt Spaniens viel mehr als gedacht ist. Eine Metropole mit bezaubernder Altstadt im Handtaschenformat, in der das weiche mediterrane Licht wie eine Katze um die Ecke in die engen Gassen schleicht, während nur wenige Schritte entfernt das trockengelegte Flußbett der Turia auf zehn Kilometern den wohl längsten und originellsten Stadtpark am Mittelmeer darstellt. Hier steht auch Valencias ultramoderne Stadt der Künste und der Wissenschaften, winkt mit ihren Kuppelbauten in Richtung Mittelmeer. Am Yachthafen dümpeln schicke Boote, rast die Formel 1 einmal im Jahr im Kreis herum, ansonsten gibt's hier feine Sandstrände. Das alles, und noch viel mehr, ist gerade mal zwei Flugstunden entfernt. Nur leider nicht von vielen Flughäfen aus.

Wenige Direktflüge

Der einzige direkte Luftweg aus Süddeutschland nach Valencia jenseits des Direktfluges der Swiss aus Zürich führt mit Ryanair über den Allgäu-Airport Memmingen und gleicht der unverbindlichen Teilnahme an einer Verkaufsveranstaltung. Getränke, Snacks, Rubbellose oder Zeitungen - in den mit Sitzen wie eine fliegende Sardinenbüchse vollgestopften Boeing 737-800 der irische Billigfluglinie kostet alles extra und wird während des rund zweistündigen Fluges lautstark angepriesen. Dafür ist es ein Erlebnis ab Memmingen zu fliegen.

Vor dem Memminger Terminal im Format einer Sporthalle riecht es wirklich etwas nach Kuhfladen, denn die nächste Weide ist nicht weit weg. Sportlich sollten die Passagiere sein, denn zum Flugzeug wird gelaufen, und da es an Bord von Ryanair keine fest reservierten Plätze gubt, ist das Einsteigen der Wettkampf um die besten Plätze. Ein bezahlbares Hotel in Valencia zu finden ist dagegen mühelos, das Doppelzimmer unter hundert Euro überhaupt kein Problem.

Einmal nach Hostal oder Hosteles zu googeln führt zu schnuckelig kleinen und charmanten Wohnorten wie dem Hotel Sorolla Centro oder dem familiären Hostal Antigua Morellana. Zwei Beispiele für eine Hotelszene, die wenig Sterne aber viel Charme fürs Geld bietet. Übernachten mit Frühstück ist selbst dort preiswert, wo es am schönsten ist: Mitten in der Altstadt.

Attraktive Altstadt

In den Grenzen des alten Stadtmauer, von der nur noch zwei spätgotische Tore stehengeblieben sind, schlendert es sich vorzüglich von Sehenswürdigkeit zu Museum zu Kaffee oder Restaurant. Der Reichtum der mittelalterlichen Handelsmetropole, in Zeiten als die Worte Euro oder Krise unbekannt gewesen sind, hat sich versteinert. In imposanten Gebäuden wie dem Rathaus oder dem Kathedralen-Ensemble an der Plaza de la Virgen steckt sichtbar der Wohlstand vergangener Jahrhunderte. Sehenswert auch die alte Seidenbörse mit ihrem arabischen Innenhof oder der Expo-Palast aus dem Jahr 1909 als prächtiges Zeugnis des Jugendstils, der in nur 70 Tagen erbaut worden ist. Das Luxushotel gegenüber dürfte Formel-1-Fans interessieren.

Wenn auf Valencias Stadtkurs der Rennzirkus Vollgas gibt, steigen die Teams von Ferrari, McLaren und Red Bull im Westin ab. "Michael Schumacher bucht immer drei Zimmer", verrät die Verkaufmanagerin Anna Marques. Bei arabischen Sponsoren der Formel 1, deren Kontostand mit dem Wort Reichtum nur unzulänglich beschrieben ist, wird die Royal Suite gerne genommen: 140 Quadratmeter vom valencianischen Modedesigner Francis Montesinos gestalteter Prunk zum Preis von 4700 Euro die Nacht. Ein vor Paparazzis sicherer Balkon mit Blick auf den Expo-Palast sowie das Frühstück sind inklusive. Wahrer Luxus ist es dies alles vollkommen stressfrei auf zwei Rädern zu erkunden, denn Valencia ist eine sehr fahrradfreundliche Stadt.

Öffentliche Leihräder stehen an vielen Plätzen, aber besser sind die Drahtesel von Valenciabikes für erschwingliche 15 Euro am Tag, und wer mit Familie unterwegs ist mietet eben ein viersitziges Cyclo - die Kinder werden begeistert sein. Vor allem von diesem Fluss, der jetzt ein Garten ist.

Park im Flussbett

Nachdem die Wassermassen der Turia in den 50er Jahren für verheerende Überschwemmungen im Stadtzentrum gesorgt haben, hatten die Valencianer die Nase voll. Der Flußlauf wurde trockengelegt, die Turia um die Stadt geleitet. Was dann folgt ist ein jahrzehntelanger Protest der Bürger gegen die Baupläne der Regierenden. Die wollen aus dem Bett der Turia eine Betonwüste mit Autobahn zum Hafen und Luxusappartments machen. Mit dem Kampfruf "Das Flussbett ist unser, und wir wollen es grün" setzen sich die Menschen durch, und das Ergebnis beeindruckt heute. Zehn Kilometer lang zieht sich der Garten mitten durch Valencia, bietet für jeden etwas. Mädchen und Jungen dürften vom liegenden Gulliver kaum wegzukriegen sein, dem sie auf der Nase herumturnen dürfen. Jugendliche Verliebte finden viele lauschige Plätzchen zwischen Büschen und Blumenbeeten. Für alle Altersklasse hat die Stadt der Künste und der Wissenschaften etwas zu bieten.

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